Dienstag, 20. Juni 2017

Alles ist wie immer - und doch auch wieder ganz anders ....



 Diary Juni 2017
 


24.05.2017

Es wird Zeit, mich endlich ans Schreiben zu machen, bevor die Erinnerungen an diese ersten Tage verblassen.

Wenn wir meinen, dass sich die Dinge hier einfach nur wiederholen, so haben uns bereits jetzt einige schöne Eindrücke vom Gegenteil überzeugt :)
Aber der Reihe nach.


Dublin empfing uns mit milden Temperaturen und einer doch ganz anderen Luft, als wir sie in Berlin gerade verlassen hatten. Die Tage vor der Abreise waren sommerlich warm und ich begann bereits unter den Temperaturen zu leiden!  Hans nahm sein erstes Bad in der Dahme und sah dem Abschied mit ein wenig Wehmut entgegen:  der Garten im Mai ist wunderschön.  Gerade hatte die Glycinie zu blühen begonnen - seine Geburtstagsblüte, in deren Genuß er tatsächlich kaum mehr kommt, seit wir um diese Zeit bereits fliegen!  Aber das Wissen, dass auch hier (s)ein Garten auf ihn wartet - so ganz anders, wild und kaum bezähmbar, lies auch ihn voller Vorfreude und Erwartung sein.

Dublin ist nicht von den Erinnerungen an Florian zu trennen!  Diesmal hatten wir unseren Besuch bei Kevin im Grosvenor Square  angekündigt und das Wissen um ihn an diesem Ort, verändert ein wenig das Gefühl, das beklemmende Gefühl, das sich sofort einstellt, wenn wir in die Halle treten und die erwartungsvollen Blicke der Abholenden dort sehen - die über uns hinweg gehen... Dieser Schmerz vergeht nicht - auch nicht nach all den Jahren!


Den Weg nach Rathmines kennen wir zwischenzeitlich ganz gut und wenn wir in die Rathmines Road einfahren, machen sich die inneren Bilder auf den Weg, überschwemmen mein Herz und das Atmen wird schwerer... Dies ist wirklich ¨Flori-Land¨!  Die Orte tragen seine Spuren: ¨Seine Bank¨, ¨sein Supermarkt¨, ¨sein Video-Store¨, der nicht mehr ist..  Wir biegen auf den Square ein und halten Ausschau nach der No. 50 - die noch immer kein Schild hat.. Kevins Fenster ist geschlossen aber er öffnet schnell, als wir klingeln. Schön, ihn zu sehen! Ein anderes Ankommen.. Wir werden mit Lebendigkeit und mit mit Freude begrüßt und sind nicht mehr nur am Ort des Sterbens von Florian.... ¨ You go up and I wait for you¨... Und weg ist er in seiner kleinen Wohnung im Erdgeschoß..

Wir haben Blumen aus dem Garten mitgebracht:  Maiglöckchen und eine kleine (elektrische) Kerze, die sicherlich einige Tage brennen wird... Ein laminiertes Gedicht mit einem Foto...




I cannot say, and I will not say
that he is dead – he is just away.
With a cheery smile, and a wave of the hand
he has wandered into an unknown land
and left us dreaming how very fair
it needs must be, since he lingers there.
And you, oh you, who the wildest yearn
for the old time step and the glad return
Think of him fairing on, as dear
in the love of there as the love of here:

Think of him still as the same I say
He is not dead, he is just away!


 


Dann sitzen wir auf den weichen Stufen der Treppe, lassen den Blick über diesen Ort schweifen, jeder in seinen Gedanken und dem Versuch, das Unfassbare, was hier geschah, aufzunehmen.. Es sperrt sich mein Herz und eine Schwere erfasst mich, die ich an diesem Tag nicht mehr verliere.
Warum, Florian, warum.... Es ist keine Frage mehr... Die Anwort ist er uns schuldig geblieben seit fast 17 Jahren und wir mußten lernen, ohne sie zu weiterzuleben!


Wir lösen uns im Wissen, dass wir wiederkommen können und werden und noch einen langen Weg vor uns haben und ein wenig Zeit auch mit Kevin verbringen wollen...  Bye my love....Unten am Spiegel in der "hall" hängen die Fotos, die Kevin gesammelt hat.. Alle gehen täglich dort vorbei.. das ist so bewegend und schön, zu wissen!



Als ich am Telefonunterhalb der Treppe vorbeigehe, von dem aus Florian anrief und wo auch ich ihn anrief, irgendwer abnahm und ihn dann holte, nehme ich spontan den Hörer ab und in mir entsteht ein kleines Glücksgefühl, weil die Erinnerung an diese wichtigen, meist kurzen Telefonate  plötzlich ganz nah ist….



Kevin hat frischen Tee aufgebrüht und einen kleinen Imbiss mit Gurken, Cheddar + Salsa vorbereitet.. Er selbst macht sich eine Dose Bier auf, die er in kleinen Schlucken und nicht hastig trinkt, während wir erzählen oder besser zuhören!  Kevin hat sein Examen bestanden und einen sehr guten Job gefunden. Er ist voller Erwartung, beginnt in der kommenden Woche. Die Unterhaltung plätschert leicht und wir lachen zusammen und sitzen am großen, geöffneten Fenster, vor dem in Blumenkästen seine Tulpen und Narzissen jegliches Leben verloren haben :)
Er ist wirklich liebenswert speziell und das gefällt uns sehr gut und paßt zu uns und zu diesem Ort...  ¨ You look good and happy¨... Allein dieser Satz, nachdem wir die Treppe herabgestiegen sind, würde überall meinen Protest hervorgerufen haben - nicht hier nicht bei ihm!

Er verspricht uns beim Abschied nicht, dass er beim nächsten Mal noch in dieser kleinen Wohnung sein wird... Aber wir hoffen es!

......¨Man muß sich an alles erinnern, an die Höhen und die Tiefen. Wirf sie nicht in den Papierkorb, nur weil der Augenblick vorbei ist. Das sind Schätze, die du für den Rest deines Lebens trägst. Sie sind dazu gedacht, um deinen Hals zu hängen. Während du die einzelnen Perlen streichst, kannst du dir sagen: ja, ich erinnere mich¨.....

Die folgenden Fotos von seiner neuen Wohnung schickte mir Florian 1999 ... 


Und er selbst schckte mir damals das Foto DER TREPPE, auf der er nur wenige Monate später sein Leben verlies.... 


Stairway to Heaven

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