Mittwoch, 15. Januar 2014

Tagebuch Dez. 2013 VII "Stürme, Regenbögen + Abreise"


3.1.2014

Dass der Moment kommt,an dem wir froh sind, bald abzureisen, hätte ich vor einigen Tagen noch nicht gedacht. Aber heute ist es tatsächlich soweit.
Das Wetter hier schlägt derartige Eskapaden, dass einem angst und bange werden kann.
Die letzte Nacht war die bisher schlimmste - und wir zogen erneut um in das kleinere Zimmer, in dem der Sturm nicht ganz so an den Fenstern rüttelte... Es schien, als würde das ganze Haus davongetragen.. unglaublich die Gewalt dieser Stürme... Und wie ernst es tatsächlich war, sahen wir nicht nur daran, dass wir ab 2 Uhr nachts bis ca. 12 Uhr am Mittag ohne Strom waren, sondern vor allem an dem, was der Sturm in der Natur angerichtet hatte.



 Fechine kam - kurz! - vorbei und erzählte, dass er bei Coral Bay 2 Stunden mithalf, ein Auto aus dem Sand auszugraben, der mit der hohen Flut über die Straße geschwemmt werden war.. Einige Stunden später konnten wir noch immer die Massen an korallemrotem Sand an den Straßenrändern bei Coral Bay sehen... Hier bei uns hat die Flut Seetang meterhoch auf die Straßen gespült, der auch heute abend noch immer lag! Die Wellen müssen weit über die Straße geschlagen und aus einigen Vorgärten allen angesammelten Unrat in der Landschaft verteilt haben.. Schrecklich, diese Plastikmassen und sonstigen Hausrat überall auf den Wiesen zu sehen!
Das marode rote alt Boot, dass fast wie ein Wahrzeichen hier in der Nähe im Tang lag, ist in viele Teile zerbrochen, die überall verstreut lagen!  Ein so trauriges Bild! Die gesamte Küste ist im Seegras (seawead) ertrunken!


Weiter fuhren wir an unseren Strand und dort waren bereits einige Fischer/Bauern damit beschäftigt, zunächst die  abgebrochene Küste überhaupt zum Strand begehbar zu machen.. Zu hoch der Abbruch.. Und hier war das Ausmaß des gestrigen Wütens des Atlantik am deutlichsten zu sehen. Das kleine Holzhaus, das oben auf der Wiese stand, stand heute 2 m tiefer ..am Strand. Diese Küste gibt es nicht mehr.. Die Zaunlatten der Kuhwiese hingen in der Luft... Keine Wiese mehr, die sie hält! Der Strand ist über Nacht mindestens 3-5 m breiter geworden, das Meer hat sich ins Land gefressen... 

 
Die Fischer waren auf der Suche nach ihren Booten, die offenbar auf die Wiesen geschleudert worden waren... Mit dem Traktor zog man sie weiter in die Wiese hinein, denn ein neuer - offenbar noch schwerer Sturm - ist für Sonntag vorhergesagt!
Wir fahren zu Dogs Bay und hier ist der Schaden noch deutlicher:  die Flut hat die Straßen sowohl hier als auch bei Gurteen Bay unterspült und weggerissen.
Die Küste von Dogs Bay hat sich um Meter ins Land gefressen....

 
Der Zugang zum Friedhof über dem
Strand von Gurteen Bay wird erst einmal längere Zeit gesperrt sein..

 Niemand scheint mit dieser Wucht des Unwetters gerechnet zu haben und über nichts sonst wird heute gesprochen.
Es hat einige hart - wie das berühmte "Connemara Smoke House"  in Clifden - getroffen. Sowohl die Räucherei als auch das Privathaus sollen beschädigt worden sein.. Die Küste von Murvey, sagt Bridgit, ist für immer verändert!


Als wir in Clifden unsere gerahmten Poster abholten, erzählte man uns, dass der Weg runter zu Dogs Bay unterspült worden und eingebrochen sei. In Cleggan habe es 5 Autos vom Kai ins Wasser gespült... Oh my God!  Das Schlimmste sei aber offenbar noch nicht überstanden und komme am Sonntag... Und diese Aussicht hat uns heute wirklich dazu bewegt, uns auf unsere Abreise - hoffentlich vor diesem neuen Unwetter - am Sonntag zu freuen! 
Es ist einfach zu kalt hier, wenn die Heizung ausfällt und bei weiter sinkenden Temperaturen können wir das Haus nicht mehr warm genug halten..
So sehen wir der Rückkehr nun doch sehr gelassen entgegen und der Abschied wird nicht so schwer werden, wie gedacht! 
Nachdem es Hans-Jürgen gestern - telefonisch - noch gelungen ist, eine Hausversicherung abzuschließen, die alle Risiken beinhaltet, fahren wir noch ein wenig gelassener als dies gestern der Fall gewesen wäre! 

Zum Abschied ahren wir noch einmal nach Ballynahinch Castle und auf dem Rückweg die Bog Road, eine der schönsten Straßen, die wir überhaupt kennen... 

 

Ballynahinch River und Castle


Wenn wir durch diese Landschaften fahren, begleitet und Stille und Regenögen, dann sind wir mit den Unnanehmlichkeiten, die wir erlebt haben, versöhnt und wissen, am richtigen Ort zu sein!




Zusammenfassend können wir sagen, dass wir unglaublich viel ¨geschafft¨ haben in diesen Wochen:  Das Haus ist nun wirklich fertig. Die letzten Arbeiten wird Fechine erledigen, darauf vertrauen wir! 
Wir haben unseren Teil getan!  Gerade hängt Hans-Jürgen in der Küche die beiden letzten Bilder auf: Plakate der ¨Clifden Arts Week¨ von 2012 und 2013 - unseren Schicksalsjahren in Bezug auf diesen Ort!  

 Fáilte
Ein neues Jahr und  ein neues Kapitel in unserem Leben:  wir werden zurückkehren, aber wir werden das Haus auch mit Gästen teilen und wünschen uns, dass sie die Magie dieses Ortes und sein Kraft ähnlich erleben mögen wie wir!




…..“Eine Insel ist ein umgrenzter Ort, eine spannungsgeladene Schwelle zwischen Himmel und Meer, Land und Licht. Im Westen Irlands herrscht wundervolles Licht. Das gemeine Einverständnis von Wolken, Regen, Licht und Landschaft birgt immer neue Überraschungen. Im Verlauf eines einzigen Morgens können draußen vor dem Fenster völlig verschiedene Landschaften auftauchen. Hin und wieder herrscht dichte Dunkelheit, dann reißt vielleicht die Wolkendecke auf, und plötzlich verleiht ein einzelner Lichtstrahl selbst einem Steinhaufen rätselhafte Präsenz. Oder das Licht spielt mit dem ernsten Antlitz eines Berges und verziert es mit einem bizarren Schattenmuster. Manchmal scheint es die Morgendämmerung sehr eilig zu haben, damit das Licht endlich hervorbrechen und mit der stillen Landschaft spielen kann.

Landschaften in diesem Licht sind eine endlose Augenweide. Die Landschaft wellt und wölbt sich. Jeder Ort ist buchstäblich anders, sticht klar gegen das Licht und den Ozean ab und ist von kraftvoller, dauerhafter Individualität. Selbst die unberührtesten, unwirtlichsten Landschaften besitzen Präsenz. Kein Mensch verweilte hier lang genug, um Anspruch auf sie zu erheben oder sie zu zivilisieren. Sie verharren in der Geborgenheit ihrer eigenen ursprünglichen Geschichte.

Solche Landschaften sind wilde Heiligtümer, weil sie vollkommen in sich selbst ruhen und uns leise in ihr Wissen und ihre Stille hineinziehen. Fast unmerklich weicht der inner Druck von der Seele. Die Sinne werden besänftigt, und die inwendige Erde in uns wird von dieser uralten Schönheit bewegt...."

John O'Donohue über Connemara

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