Montag, 23. September 2013

You have to look at it from the bright side Teil III




Das gute Wetter hat sich erst einmal verabschiedet und der weite Blick aus dem Cottage stößt an graue Nebelwände und der See vor dem Haus versinkt in dieser Wand.  Wir haben „drizzel“ dieser so feine Regen, den es bei uns gar nicht gibt. Er macht das Draußen sein aber besonders ungemütlich, denn er scheint von allen Seiten zu kommen!
Hans-Jürgen ist alleine zum School House gefahren, um die Jalousien im Badezimmer anzubringen. Mir ist es dort heute zu kalt, denn der Kamin, der längst gereinigt sein sollte, ist noch immer nicht zu beheizen.


Cornelia schreibt gerade: „You are the manager now“- und ich glaube, sie ist ganz froh, diesen Kontrolljob, der es letztlich geworden ist, einmal weitergeben zu können!  Nach wie vor sehen wir Fechine kaum, dafür ist Sean, sein Sohn sehr fleißig.  Er hat die alten, roten  Fliesen  im Eingang und im Zimmer von „Mihall“ (wie Michael für uns heißt!),
der schon im School House lag und den die letzten Bewohner des Hauses mit ihren Teppichen und viel Leim verklebt hatten, von  den Überresten weitgehend säubern können. Eine sehr mühsame Arbeit, die einen sehr geduldigen Menschen erfordert!  Sean legt aber auch sonst Hand an und hat sich drangemacht, den Garten ein wenig zu entrümpeln.


Vom Abriss des Schuppens liegen Stein und Gerümpelberge, die  den Blick auf den Maumeen Lake und den Bog im Moment nicht sehr romantisch-sein lassen!
Die Arbeiten stocken wieder einmal:  der Elektriker ist nicht erschienen und erst, nachdem Fechine ihm sagt, dass wir nun bald abreisen werden, bequemt er sich ins Haus und schließt uns – über den Generator – den Strom an!   Zum ersten Mal können wir nun z.B. die kleinen Deckenleuchten in der Küche sehen – und vor allem das helle, aber angenehme Licht, das sie verbreiten… Wir drehen sofort Birnen auch in die anderen Deckenlampen und hängen die Lampenschirme auf, die sofort eine neue Gemütlichkeit herstellen!  Ach, was sind wir doch anspruchslos geworden in diesen 21/2 Wochen  - sagen wir uns lachend!



Heute morgen, als ich beim Frühstückmachen aus dem Fenster sah, schaute ich dem Pferd, das sicherlich Fechine’s Kindern gehört, direkt in die Augen! 
Ich hatte es in der Nacht gehört, wie es um das Haus lief. Bisher hatte es auf dem riesigen Grundstück, das sich über eine Senke (in der eben der Müllberg wächst) über die andere Seite und hin zum Maumeen Lake erstreckt, grasen sehen.  Wie glücklich müssen die Tiere hier sein.. kein Tier ist im Stall, die Kühe, die Schafe, die Pferde, alle sind draußen auf den Weiden.. oft noch nicht einmal hinter Zäunen, denn noch immer kann man hier in Connemara nicht sicher sein, dass nach der nächsten Kurve nicht Schafe am Straßenland liegen oder stehen!




Die meisten Kinder von Fechine und Anne, die wir nicht zu Gesicht bekommen, sind ausgeflogen – aber sie kommen nun eines nach dem anderen zurück:  4 Enkelkinder sind bereits da – und ein weiteres ist unterwegs!  Wer aus einer so großen Familie kommt, scheint ohne eine große Familie gar nicht sein zu können!
Anne arbeitet mit Kindern „with special needs“ – so wie Florian  mit diesen Menschen gearbeitet und gelebt hat – und abends betreut sie alte Menschen, die alleine sind! 


Noch eine Aufgabe haben wir uns gestellt:  Zwischen den Fliesen und  der Wand im Eingang und in „Mihall’s  Room“ wird von uns mit Zement und flachen Steinen, die wir in großen Mengen vom Strand angeschleppt haben, zusammen mit Sean’s Hilfe gestaltet… und es entsteht ein kleines, hübsches Kunstwerk, mit dem wir und dann auch Gäste des School Houses empfangen werden!

 
 Da sich so wenig tut und wir an diesem Zustand nun nichts mehr ändern können, beginnen wir, die Kisten nach und nach auszupacken und vor allem, die Möbel im Wohnzimmer endlich aufzustellen!

Das ist ein großer Moment – denn wir hatten sie bisher nur bei IKEA in Dublin oder Berlin gesehen – und nun waren sie an ihrem Bestimmungsort angekommen – und:  sie stehen dort so, als würden sie dort genau hingehören!


Auch der „Schulhaustisch“, der aus Berlin gekommen ist, hat endlich seinen Platz so, wie ich ihn mir hier vorgestellt habe, eingenommen…
und gibt den modernen Möbeln wieder einen Charakter!

In den Dingen, die wir im Dezember im Schuppen in Kisten und Kartons gefunden hatten, war Wolle – große bunte Ballen und kleine Spindeln mit Wolle, die nun in einem Korb liegen – und mir ist es irgendwie wichtig, Susan, die aus dieser Wolle sicher einmal Pullover und Mützen gestrickt hat, einen Platz im Haus zu geben! 
Susan muss eine besondere, eine bemerkenswerte Frau gewesen sein:
Aus dem, was wir fanden, ergibt sich, dass sie im School House Reiki angeboten und vor allem aber Trauergruppen betreut hat. Es gibt Protokolle, auf die ich nur einen Blick geworfen habe – und sie zur Seite legen musste:  es war, als würde ich in eine intime Vergangenheit eines Menschen sehen, die mich nichts angeht.. und doch werde ich diese Dinge bewahren!   Ich konnte sie nicht wegwerfen.
Es gibt Papiere zum „Thema Trauer“ und speziell zum „Verlust eines Kindes“!  Das alles waren Funde, die uns zutiefst berührten und uns noch einmal „Beweis“ waren, dass dieses Haus in unseren Händen gut aufgehoben ist und wir es vielleicht auch einfach „finden sollten“.
Wir werden versuchen, von Zeitzeugen mehr über die Bewohner des School Houses zu erfahren. Wir haben bereits damit begonnen.

„You have to look at it from the bright side” -  wir hatten uns in den letzten Tagen noch einmal auf diesen Satz verständigt!
Und: wir beschlossen, nachdem der Kamin gereinigt war und sicher war, dass er hervorragend zieht- die letzten Abende nach dem Essen im School House am Kamin zu verbringen!

Am vorletzten Tag hatte Fechine, als wir morgens zu einer letzten Besprechung kamen, bereits geheizt. Es war ihm wohl bewusst, wie unzufrieden wir – seine Arbeit betreffend – abreisen würden!
So saßen wir nun auf einer Couch und in Sesseln am Feuer, um ihm das Versprechen abzunehmen, sich – nach unserer Abreise – wieder für das Haus, den Fortgang und die Fertigstellung der noch offenen Arbeiten zu engagieren! 

Was uns besonders Sorge machte, war, dass die Feuchtigkeit, die wir zwar immer in den Wänden sahen, die sich aber zum Besseren gewandt hatte, nun – nach dem Regen und der Feuchtigkeit der letzten Tage – an den der Küste zuwandten  Wänden sehr deutlich sichtbar wurde..
Das Haus braucht Wärme!  Und das Haus muss entfeuchtet werden.
Solange die Heizung nicht angestellt werden kann, muss über den Generator mit Heizkörpern geheizt werden – und Fechine versprach!



Wir nahmen auch mit Peter noch einmal Kontakt auf und ließen uns von ihm  -gerne- ein wenig beruhigen.  Sein Haus steht ja noch mehr dem Meer und seinen Gewalten ausgesetzt. Er meinte, dass unser Haus einfach viel zu lange ungeheizt und unbewohnt gestanden habe.
Die großen Steine, aus denen die Front gemauert ist, wäre eigentlich eine Gewähr für den Austausch von Feuchtigkeit und Trockenheit;
mehr als eine normale, gemauerte Wand. Aber: es müsse tatsächlich geheizt werden und auch Luftentfeuchter aufgestellt werden.

Ja, und abends zogen wir los mit einer Flasche Wein, mit Wasser,  ein paar Keksen und Schokolade an den „fire place im School House“.
Ein bewegender Moment, wären wir nicht auch so erschöpft und müde nach all den bewegenden, oft stressigen Tagen gewesen…
So saßen wir einfach, sahen in die Flammen und ließen den Gedanken Raum:  Wir haben alles richtig gemacht!  Das Projekt, das so „verrückt“ zu sein schien,  das uns nun genau ein Jahr lang beschäftigt und immer wieder in Atem gehalten hat, das hatte nun wirklich Form angenommen!

Fertig ist es nicht – und so unfertig mussten wir das Haus am übernächsten Tag verlassen! 
Der Elektriker war nicht mehr gekommen, trotz seines Versprechens, den Strom so schnell wie möglich anschließen zu lassen.
Der Installateur lässt sich – bis heute  - nicht sehen, was bedeutet, dass das Badezimmer nicht weiter gefliest werden kann.

Fechine hat einen Luftentfeuchter für uns gekauft und diesen – hoffentlich – aufgestellt, denn  das Wetter in Irland ist – wie auch hier – in diesen Tagen nass und sehr kühl! Zunächst schrieb er morgens, dass die Heizer angestellt seien.. seit einem Tag höre ich nichts, auch nicht auf meine Anfragen!




„…Tatsächlich sind die größten Freudenmomente im Leben jene Augenblicke, in denen alles zusammenkommt und wir uns göttlich lebendig fühlen. Die Zeit tut sich auf und wir werden vom Ewigen umfangen. Auch, wenn wir dann wieder in die zersplitterte Welt der Tage und Augenblicke zurückgleiten – jenes Gefühl des Ewigen verlieren wir nie“….

John O’Donohue
„Über die Schönheit“
 



 Wir sind zurück! 
 

Hans-Jürgen musste sofort in sein Büro. Ich bin hier und versuche, mich zu orientieren. Eine Hälfte meines Herzens ist in Irland geblieben! Ich erledige die Arbeiten des Alltags.. und oft und immer wieder schweifen die Gedanken ab.. Wie gerne würde ich glauben, dass nun alles in unserem Sinne weitergeht!

Aber wir haben die Dinge nicht immer im Griff !  Auch das hat uns das Leben doch längst gelehrt!  Vertrauen zu haben, loszulassen, was wir nicht kontrollieren können und Gelassenheit zu wahren!

Heute halte ich mich an diesen kleinen Text:

Am Ende wird alles gut
und wenn es noch nicht gut ist,
ist es noch nicht zu Ende!

Unbekannt


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